Category Archives: Heimatfilm

The Bird People in China

Dies ist nun der dritte Teil der kleinen „Takashi Miike Filme, die nicht nach Takashii Miike aussehen“-Serie. Schon sein Beitrag im zweiten Teil dieser Episoden-Sammlung kam ohne Yakuza aus und war – gemessen an jenen Filmen, mit denen Miike für gewöhnlich Aufmerksamkeit erregt – geradezu harmlos, auch seine Version dieses koreanischen Films, den er in ein Miike-Musical verwandelte, fällt sichtbar aus dem Rahmen seines übrigen Schaffens.

Nun ist es tatsächlich ein bisschen unfair, Takashi Miike nur auf Yakuza, Horror und Gewalt festlegen zu wollen, denn in der schieren Masse der Filme, die er bisher gedreht hat, findet sich neben Bizarrem, auch Familienfreundliches, neben Western, Manga-Verfilmungen und Superhelden-TV-Serien, auch Musikvideos, Komödien, Cyber-Teen-Lovestories und Kinderfilme.

Und The Bird People in China, der in keine der genannten Kategorien passt.

(The Bird People in China, Japan 1998; Regie: Takashi Miike.)

The Good, the Bad, the Weird

Comedy, Horror, Drama, gerne auch mal alles zusammen, Wrestling, Vampire, problematische Ehen, Geistergeschichten, Gangster, Serienmörder, Science Fiction und selbst Arnold Schwarzenegger verhalf er zu einem Comeback: in Kurz- wie in Langfilmen hat sich Kim Jee-Woon durch alle nur denkbaren Genres gearbeitet und meistens kam er damit bei Publikum wie Kritik gut an. Was wohl nicht zuletzt auch an den Schauspielern lag, mit denen er immer wieder zusammen arbeitete.

Ganz außerordentlich gut kam A Bittersweet Life an. Sein eigenwilliger visueller Stil wurde gelobt und die rasante Choreographie, während die Geschichte spannend und mit interessanten Wendungen erzählt wird, aber, dem Thema entsprechend, auch voller Gewalt ist: der Film nimmt sein Motto offensichtlich ernst, wobei einige Szenen selbst für dieses Genre ziemlich drastisch ausfallen, was auch dadurch nicht gemildert wird, dass zu Beginn und zum Schluss des Films buddhistische Parabeln erzählt werden.

Auch nicht unbedingt friedfertig mögen zwar die Protagonisten des darauf folgenden Films von Kim Jee-woon sein, aber es geht hier im Ganzen weniger brutal zu, insbesondere in der britischen Version des Films, die um zusätzliche fünf Sekunden wegen real animal cruelty gekürzt wurde. Außerdem wird es nun bunt und turbulent, pathetisch und manchmal auch ein wenig albern, denn diesmal hatte sich Kim Jee-Woon unübersehbar Sergio Leone zum Vorbild genommen, was er, um Missverständnisse gar nicht erst aufkommen zu lassen, gleich im Titel des Films klar macht, der auch im deutschen Verleih auf englisch erschien, und nicht, wie seinerzeit das Vorbild, falsch eingedeutscht wurde.

Und so, wie Sergio Leone damals dem Spaghetti-Western zum endgültigen Durchbruch verhalf, fügt Kim Jee-Woon nun dieser Film-Gattung sein eigenes Sub-Genre hinzu: den Kim-Chee-Western.

(The Good, the Bad, the Weird, Südkorea 2008; Regie: Kim Jee-Woon.)

The Quiet Family

Im selben Jahr, als Park Ki-hyeong den unerbittlichen Horror südkoreanischer Mädchenschulen auslotete, fand ihn Kim Jee-Woon in seinem Debüt-Film an ganz anderer Stelle: in den idyllischen, wenn auch etwas abgelegenen Bergen Südkoreas.

Dorthin verschlägt es eine eigenwillige Familie, deren gut gemeinte Absicht, hier ein Gasthaus für Wanderer zu betreiben, durch ungünstige Umstände wie die Tatsache, dass eine schwer zugängliche Einöde nicht automatisch ein Paradies für Naturfreunde sein muss, vor allem aber das unangemessene Benehmen ihrer nicht eben zahlreich eintreffenden Gäste, ständig durchkreuzt wird.

Die innen wie außen stilgerecht gestaltete Herberge wurde komplett und in original Größe extra für den Film errichtet, und die Schauspieler, unter ihnen Choi Min-sik und Song Kang-ho in relativ frühen Rollen, scheinen vom Ambiente derart mitgerissen worden zu sein, dass sie allesamt und miteinander so souverän wie überzeugend agieren.

Sichtbar weniger Aufwand betrieb wenige Jahre später Takashi Miike, als er sich mit The Happiness of the Katakuris daran machte, dieselbe Geschichte auf seine Weise zu inszenieren. Er, der bekannt dafür ist, den ultimativen Horror ohnehin mühelos an praktisch jeder Stelle finden zu können, verlegte das Ganze nach Japan und machte daraus, nun ja, einen Miike-Film. Aber als Musical mit Tanzeinlagen. Und Karaoke. Und Knetfiguren…

(The Quiet Family, Südkorea 1998; Regie: Kim Jee-Woon & The Happiness of the Katakuris, Japan 2001; Regie: Takashi Miike.)

Memento Mori

…dass es sich bei südkoreanischen Mädchenschulen, egal wie harmlos sie von außen scheinen mögen, in Wahrheit um Orte des Horrors handelt, wurde in diesem Film offensichtlich so überzeugend dargestellt, dass er schon kurze Zeit später ein Sequel erhielt, und noch eins, und noch eins, und noch eins

Abgesehen von der Grundidee, ‚Mädchenschulen, die von Geistern heimgesucht werden‘, bauen die einzelnen Teile allerdings inhaltlich nicht wirklich aufeinander auf: erzählt werden jeweils unabhängige Geschichten mit wechselnden Personen, Handlungsorten und Schulen. Einige Elemente bleiben jedoch gleich, denn auch wenn Grad und Detailfreude bei der Darstellung von Gewalt durchaus variieren, so bleibt doch die grundsätzliche Aussage erhalten, dass der eigentliche Horror zumeist darin besteht, sich als Teenager im Leben und dann auch noch in einem autoritären Schulsystem zurecht finden zu müssen.

In dieser Hinsicht bildet Memento Mori keine Ausnahme. Ähnlich wie bei seinem Vorgänger wird auch hier weitgehend auf die explizite Darstellung von Gewalt verzichtet, wobei die beiden Regisseure ursprünglich zudem wohl vorhatten, auch auf die Darstellung von Geistern gänzlich zu verzichten, dies aber sahen die Produzenten anscheinend anders, und so mussten einige entsprechende Szenen hinzugefügt werden.

Aber auch, wenn die nachfolgenden Teile der Whispering CorridorsReihe, Whishing Stairs (2003), Voice (2005) und A Blood Pledge (2009), ebenfalls durchaus sehenswert sind, so fällt Memento Mori doch sichtlich aus dem Rahmen der Serie: zum einen wegen seiner ungewöhnlichen Erzählstruktur, die wiederum durch ein an sich schon sehr kreativ gestaltetes Tagebuch gegliedert wird, vor allem aber durch seinen wunderschönen, poetischen visuellen Stil.

(Memento Mori, Südkorea 1999; Regie: Kim Tae-yong and Min Kyu-dong.)

Whispering Corridors

Zu den altehrwürdigen, überlieferten Künsten Koreas – wie wohl der meisten Kulturen – gehört das Erzählen von Geister-Geschichten. Über die Jahrhunderte hinweg dürften es unzählige gewesen sein, grausame und gruselige, melancholische und traurige und bisweilen sicher auch komische, wobei die meisten wohl in Vergessenheit gerieten, manche aber zu Klassikern wurden und sich bis heute immer wieder aufmerksam gespannter Zuhörerschaft erfreuen.

Auch blieben gewisse Grundstrukturen der Erzählungen gleich, oder kehrten immer wieder – wohl, weil sie so glaubhaft waren – und auch im Zeitalter von Computern, Internet und Mobile Phones gibt es eigentlich keinen Grund, diese schöne Tradition aufzugeben. Vielleicht werden hier und da ein paar Details modernisiert, oder, wie im Falle der beliebten Geschichten von Personen, die unter besonders dramatischen Umständen ums Leben kamen und deshalb immer wieder die Stelle heimsuchen, an der sie den Tod fanden: man passt den Ort des Geschehens einfach der heutigen Zeit an.

Eine besonders geignete Stätte fanden die Macher von Whispering Corridors, dessen Original-Titel 여고괴담, bzw. in Umschrift Yeogogoedam lautet, was übersetzt soviel bedeutet wie Mädchen-Schulen-Gespenster-Geschichte und das Genre damit würdig weiterführt, denn schließlich soll ja in jeder guten (Gespenster-)Geschichte auch stets ein Funken Wahrheit enthalten sein, und bei allem, was man bis heute vom anspruchsvollen südkoreanischen Schulsystem hört, das im Ruf steht, seinen Zöglingen einiges abzuverlangen, herrschen dort nicht unbedingt entspannte paradiesische Zustände.

Ob es andererseits in südkoreanischen (Mädchen-)Schulen tatsächlich so zugeht, wie in Whispering Corridors, der 1998 (und damit im selben Jahr wie im Nachbarland Japan dieser Film) erschien, kann derart pauschal natürlich nicht beantwortet werden, aber dass es durchaus in der Absicht des Regisseurs lag, die gerade erst vollzogene Lockerung der Zensurgesetze in Südkorea zu nutzen, um auch gleich ein wenig Kritik am heimischen Schulsystem unterzubringen, dürfte wohl offensichtlich sein.

(Whispering Corridors, Südkorea 1998; Regie: Park Ki-hyeong.)

301/302

Mitte der 1990er, während Im Kwon-taek noch auf den Spuren eher traditioneller koreanischer Kultur und entsprechender Frauenbilder unterwegs war, und Park Kwang-su gerade seine beiden Filme nach Drehbüchern von Lee Chang-dong drehte, die ebenfalls mehr der Aufarbeitung von Koreas Vergangenheit gewidmet waren, war Regisseur Park Chul-soo schon lange in der Gegenwart Südkoreas angekommen.

Seine ersten Filme hatte er bereits Ende der 70er gedreht und in den darauf folgenden beiden Jahrzehnten wurde er zu einem der fleißigsten koreanischen Filmemacher, wobei seine Filme wohl von Anfang an den einen oder anderen Aufreger lieferten, im Großen und Ganzen aber ganz einfach die damals in Südkorea populären Genres bedienten, entweder in Form von sentimentalen Melodramen, oder, indem sie von Frauen, Sex und Gewalt handelten.

Erst mit 301/302 sollte sich dies ändern, denn zwar dreht sich auch dieser Film hauptsächlich um die letzteren drei der oben genannten Themenbereiche, aber er entsprach keinem gängigen Genre. Tatsächlich geht es um zwei recht moderne koreanische Frauen, die für die sehr zeitgenössischen Probleme, mit denen sie zu kämpfen haben, eine eigenwillige, aber konsequente Lösung finden.

Und selbst wenn die Geschichte stellenweise ein wenig drastisch sein mag, sie war immerhin originell genug und leuchtete ausreichend vielen Menschen ein, um im Jahr 1995 beim Grand Bell Award als bester koreanischer Film ausgezeichnet zu werden – überdies ist es wohl kein Zufall, dass 301/301 einer der ersten, wenn nicht der erste südkoreanische Film war, der auch außerhalb von Festivals in us-amerikanischen Kinos lief.

(301/302, Südkorea 1995; Regie: Park Chul-soo.)

Poetry

Gleich in der ersten Szene wird klar, dass es sich auch bei diesem Film von Lee Chang-dong keineswegs um etwas so unbelastet Reines und Schönes handelt, wie der Titel es verspricht. Aber bei Peppermint Candy, Oasis und Secret Sunshine entsprachen die Filme ja auch nicht unbedingt den warmen, freundlichen Assoziationen, die ihre Namen zunächst hervorrufen.

Für die Hauptrolle hatte Regisseur und Drehbuchautor Lee Chang- dong wohl von Anfang an Yoon Jeong-hee eingeplant, die von den späten 1960ern bis zum Ende der 80er eine der berühmtesten Schauspielerinnen Südkoreas war, viel beschäftigt und ausgezeichnet, und die hier nun zum ersten Mal nach 16 Jahren wieder in einem Film mitspielte.

Noch bei Peppermint Candy hatte sich Lee Chang-dong vorwerfen lassen müssen, dass die Geschichte ausschließlich aus der Perspektive des männlichen Protagonisten erzählt wurde, während Gedanken und Gefühlen der weiblichen Figuren keinerlei Raum erhielten. Dies hatte sich zwar schon bei Secret Sunshine grundlegend geändert, aber anders als in jenem Film, wo auch die südkoreanische Kleinstadt mit ihren vielen Bewohnern eine wesentliche Rolle spielte, konzentriert sich Poetry nun nahezu völlig auf seine weibliche Hauptdarstellerin und damit auf das, was ihr und anderen Frauen in der Gesellschaft in der sie lebt, widerfährt – und welche Konsequenzen, oder eben auch nicht, dies für die Betroffenen hat.

Allein, ihre Art damit umzugehen, mitfühlend, freundlich und scheinbar zurückhaltend, aber hartnäckig darin, das umzusetzen, was sie einmal für richtig erkannt hat, macht sie auf ihre Weise viel selbständiger und unabhängiger als es Figuren in Lee Chang-dong Filmen normalerweise sind, und während Lee Shin-ae in Secret Sunshine eigentlich nur wenig Spielraum für eigene Entscheidungen blieb, hat Yang Mija in Poetry ihn nicht nur – sie nutzt ihn auch.

(Poetry, Südkorea 2010; Regie: Lee Chang-dong.)

Secret Sunshine

Nach Theaterstücken und Drehbüchern, nach drei Filmen als Regisseur und Drehbuchautor in einer Person, nach viel Anerkennung und Auszeichnungen, zuletzt 2002 in Venedig mit dem Preis für die Beste Regie, legte Lee Chang-dong eine mehrjährige Pause als Filmemacher ein, da er im Jahr 2003 vom neu gewählten Präsidenten Südkoreas, Roh Moo-hyun, zum Minister für Kultur berufen wurde.

Zwar hatte er wohl nicht lange den Eindruck, der Richtige für diesen Posten zu sein, jedenfalls legte er das Amt bereits Mitte 2004 nieder, doch bis sein nächster Film seine Premiere hatte, dauerte es trotzdem noch bis zum Festival in Cannes im Jahre 2007.

Dass es Lee Chang-dong nicht wirklich um Kassenschlager und angenehme Unterhaltung für sein Publikum geht, hatte er ja schon mit seinen vorherigen Filmen überzeugend vermittelt, und auch Secret Sunshine bildet da keine Ausnahme, obwohl er zunächst so leicht und fröhlich anfängt, als habe man es mit einer freundlichen Liebeskomödie zu tun, aber so wird es nicht bleiben.

Doch neben der eigentlichen, tragischen Geschichte beeindrucken vor allem die vielen kleinen wirklichkeitsnahen Szenen, die mit geradezu unheimlichen Realismus das Leben in einer Kleinstadt Südkoreas („not much goes unnoticed around here“) abbilden. Da wird auf begrenzter Fläche hinter dem Laden gewohnt, oder gleich im Chaos in der Werkstatt, Elternabende finden nach erfolgreich absolviertem Rhetorik-Kurs der Sprößlinge beim Essen im Restaurant statt, während die ortsansässigen Geschäftsfrauen sich beim Friseur oder in der Disco treffen und die Herren Chi beim Bergsteigen sammeln, oder doch zumindest in der gemeinsamen Zigarettenpause davon erzählen.

Dass Regisseur Lee den Ruf hat, es seinen Schauspielern nicht leicht zu machen, und sie bei der Interpretation ihrer Rollen weitgehend sich selbst zu überlassen, bereitete anscheinend weder den Nebendarstellern, noch Song Kang-ho Probleme, wobei dieser bereits eine kleinere Rolle in Green Fish spielte, und überhaupt schon reichlich Erfahrung in den unterschiedlichsten Genres gesammelt hatte. Anders empfand es wohl Hauptdarstellerin Jeon Do-yeon, deren Arbeit aber immerhin reichlich belohnt wurde.

(Secret Sunshine, Südkorea 2007; Regie: Lee Chang-dong.)

Peppermint Candy

Nachdem Park Kwang-su einmal festgestellt hatte, dass sich politische Themen auch im südkoreanischen Kino mitunter erfolgreicher darstellen lassen, wenn man sie nicht in eine Komödie verpackt, sondern auf möglichst direktem Wege vermittelt, blieb er bei dieser Methode, gründete, nachdem die Dreharbeiten zu Berlin Report wohl eher chaotisch verlaufen waren, als erster koreanischer Filmregisseur 1993 seine eigene Produktionsfirma und brachte mit dieser noch im selben Jahr To The Starry Island heraus, zwei Jahre später gefolgt von A Single Spark.

Beides waren politisch engagierte und erfolgreiche Filme, und: beide Filme entstanden nach Drehbüchern von Lee Chang-dong. Dieser wiederum hatte als Autor von Theaterstücken angefangen und entschied sich, nach der Zusammenarbeit mit Park Kwang-su, selbst ins Regiefach zu wechseln. Schon sein erster Film, Green Fish, kam 1997 sowohl beim Publikum, als auch auf Filmfestivals gut an, nicht zuletzt bei jenen, die Preise zu vergeben haben.

Sein zweiter Film in eigener Regie und nach selbst verfasstem Drehbuch, Peppermint Candy, hatte seine Premiere dann 1999 als Eröffnungsfilm auf dem Internationalen Film-Festival in Busan, und so kam es, dass die dortigen Zuschauer sich mit ihrer Festlaune ziemlich bald nach Beginn des Films bei einem Mann wiederfanden, der mit ausgebreiteten Armen auf den Gleisen einer Eisenbahnbrücke steht und dem auf ihn zu rasenden Zug „Ich will zurück!“ entgegen schreit.

Mit diesem Moment beginnend wird chronologisch rückwärts in sieben, insgesamt 20 Jahre umfassenden, Episoden erzählt, wie der Mann an diesen Punkt kam, wobei seine Geschichte eng verknüpft wird mit der Geschichte Südkoreas: der Finanzkrise in den späten 1990ern, der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs davor, der Militärdiktatur und der Niederschlagung der Studentenbewegung.

Damit sich die Geschichte erschließt, muss man mit einiger Konzentration dabei bleiben, denn Peppermint Candy ist kein einfacher Film: manches wird nur angedeutet oder durch wiederkehrende Metaphern – Züge, die titelgebenden Pfefferminz-Bon Bons, eine Photokamera – vermittelt, andere Szenen sind unmissverständlich und teilweise drastisch in ihrer Darstellung von körperlicher Gewalt und emotionaler Grausamkeit. Aber wenn man Filmen zugesteht, dass sie zur Aufarbeitung von gesellschaftlich verdrängten, traumatischen historischen Ereignissen beitragen können, dann ist dies auch ein wichtiger Film.

(Peppermint Candy, Südkorea 1999; Regie: Lee Chang-dong.)

Black Republic

In 1945, there was no prosecution of war criminals in Korea – unlike France and Germany. The Koreans who had served the Japanese remained in power and became the new ruling class. They are still there today. I think this is one of the fundamental problems in Korean society.“

Dies dürfte wohl ein zentraler Teil der Botschaft gewesen sein, die der Mann auf dem Hochhaus in diesem Film, beziehungsweise sein Regisseur, eigentlich hatten vermitteln wollten, aber irgendwie kam sie beim ersten Versuch wohl noch nicht richtig an.

Park Kwang-su hatte zunächst Bildhauerei an der Seoul National University studiert, wo er auch Mitglied der Yallasung Filmgruppe wurde und damit begann, Super 8 Filme zu drehen. Da es im Südkorea der frühen 80er Jahre aber kaum möglich war, kritische politische Filme öffentlich aufzuführen, blieben diese meist ohne Publikum.

Nach seinem Abschluss gründete er die Seoul Film Group, die weiterhin Beziehungen zur studentischen Protest-Bewegung unterhielt, aber im Hinblick auf Film war er wohl nicht wirklich überzeugt von deren Tun: „Myself, I was never too comfortable with agit-prop film-making. I tended to think that the films made by underground groups like Changsan-Gotmae were simply the other side of the coin of government propaganda films.“

Erst als er nach Paris ging, um an der ESEC Film zu studieren, änderte sich seine Einstellung: „..in Paris my own sense of the possibilities changed. In France I saw a lot of features and documentaries from Third World countries and realised that they weren’t being made underground but quite openly. Some of Lino Brocka’s films, for instance. I found myself thinking that similar film-making should be possible in Korea.“

Als er aber nach seiner Rückkehr nach Korea seinen ersten Film drehte, und es ihm trotz vieler Zugeständnisse an die Produzenten nicht gelang, ein großes Publikum zu erreichen, änderte er seine Strategie erneut („I’d made quite a lot of compromises in the hope of reaching the mass audience; since I failed, I thought that I should forget about trying to please people and make a more personal film.“), schrieb das Drehbuch selbst, ließ alle Komödien-Aspekte weg und griff lieber auf eigene Erfahrungen zurück: „it expressed a lot of my feelings about Korea and Korean politics in the years since Kwangju.“

Seinen zweiten Film durch die Zensur zu kriegen, war dann zwar leichter, als er erwartet hatte, aber einige Szenen mussten dennoch geschnitten werden, hauptsächlich jene, in denen die Geschichte der studentischen Widerstandsorganisation, der der Protagonist angehörte, in Rückblicken erzählt wurde. Trotzdem wurde der Inhalt dadurch nicht weniger verständlich, und diesmal wurde die Botschaft offensichtlich auch gehört.

Das vollständige Interview von 1993, aus dem die obigen Zitate stammen, kann bei Archive.org nachgelesen werden, während Black Republic auf dem Youtube-Kanal des Korean Film Archive zur Verfügung steht.

(Black Republic, Südkorea 1990; Regie: Park Kwang-su.)