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The Quiet Family

Im selben Jahr, als Park Ki-hyeong den unerbittlichen Horror südkoreanischer Mädchenschulen auslotete, fand ihn Kim Jee-Woon in seinem Debüt-Film an ganz anderer Stelle: in den idyllischen, wenn auch etwas abgelegenen Bergen Südkoreas.

Dorthin verschlägt es eine eigenwillige Familie, deren gut gemeinte Absicht, hier ein Gasthaus für Wanderer zu betreiben, durch ungünstige Umstände wie die Tatsache, dass eine schwer zugängliche Einöde nicht automatisch ein Paradies für Naturfreunde sein muss, vor allem aber das unangemessene Benehmen ihrer nicht eben zahlreich eintreffenden Gäste, ständig durchkreuzt wird.

Die innen wie außen stilgerecht gestaltete Herberge wurde komplett und in original Größe extra für den Film errichtet, und die Schauspieler, unter ihnen Choi Min-sik und Song Kang-ho in relativ frühen Rollen, scheinen vom Ambiente derart mitgerissen worden zu sein, dass sie allesamt und miteinander so souverän wie überzeugend agieren.

Sichtbar weniger Aufwand betrieb wenige Jahre später Takashi Miike, als er sich mit The Happiness of the Katakuris daran machte, dieselbe Geschichte auf seine Weise zu inszenieren. Er, der bekannt dafür ist, den ultimativen Horror ohnehin mühelos an praktisch jeder Stelle finden zu können, verlegte das Ganze nach Japan und machte daraus, nun ja, einen Miike-Film. Aber als Musical mit Tanzeinlagen. Und Karaoke. Und Knetfiguren…

(The Quiet Family, Südkorea 1998; Regie: Kim Jee-Woon & The Happiness of the Katakuris, Japan 2001; Regie: Takashi Miike.)

Chiwaseon

Jang Seung-eop, oder Owon, wie sein Künstlername lautete, lebte von 1843 bis ungefähr 1897, während der Choson-Dynastie, und war bereits zu seiner Zeit einer der berühmtesten Maler Koreas.

Einigermaßen berüchtigt war er, soweit überliefert, ebenfalls: für seine Unnachgiebigkeit, seinen mitunter zügellosen Alkoholkonsum und sein auch ansonsten wohl recht wildes Leben – aber dergleichen soll ja bei Malern, die es ernst mit der Kunst meinen, keine Seltenheit sein und gibt darüber hinaus erstklassigen Stoff für einen Film ab.

Und da Im Kwon-taek gerade erst im Vorjahr in Sachen Historienfilme zur koreanischen Kultur unter anderem auch in Europa gut angekommen war, nahm er sich des Themas an, was dann auch gleich wieder eine Einladung nach Cannes zur Folge hatte, wo er dieses Mal zwar auch nicht mit der Goldenen Palme, aber als bester Regisseur ausgezeichnet wurde.

Eigentlich hätte für Chiwaseon aber auch gut noch ein Preis für den besten Darsteller dabei sein dürfen, denn zum einen ist in einer Nebenrolle Ahn Sung-ki zu sehen, der schon in diesem, nicht ganz konventionellen Film ganze Arbeit geleistet hatte und zum anderen wird der eigenwillige Maler von Choi Min-sik gespielt, der sich hiermit wohl auch für seine nächste, nicht weniger ausgefallene Rolle qualifizierte…

(Chiwaseon, Südkorea 2002; Regie: Im Kwon-taek.)

Oldboy

Selbst in Cannes dürfte es wohl nicht alle Tage vorkommen, dass ein Regisseur, nachdem er den Großen Preis der Jury entgegengenommen hat, neben Cast und Crew auch den vier Oktopoden dankt, die für seinen Film ihr Leben gelassen haben. Dass Park Chan-wook dies im Jahr 2004 tat, war allerdings durchaus angebracht, vor allem, wenn man die betreffende Szene kennt und weiß, dass Min-sik Choi, der Hauptdarsteller, bekennender Buddhist und Vegetarier ist – allerdings sollte man berücksichtigen, dass das Gericht, von dem hier die Rede ist, in Korea als Delikatesse gilt und tatsächlich in spezialisierten Restaurants serviert wird – wenn auch, wie die Frage der Köchin es im Film andeutet, normalerweise in geschnittener Form.

Alle weiteren Szenen des Films, eingeschlossen jene mit expliziter Gewalt, dürften in Europa aber genauso wenig missverständlich sein, wie in allen anderen Teilen der Welt und man muss auch nicht unbedingt wissen, dass die Geschichte lose auf dem gleichnamigen japanischen Manga von Tsuchiya Garon und Minegishi Nobuaki beruht, auch wenn dieser ebenfalls ausgezeichnet wurde. Ebenso wenig muss man wissen, dass es sich hier um den mittleren Teil der sogenannten „Rache-Trilogie“ von Chan-wook Park handelt, denn diese drei Filme haben nur das Thema gemeinsam, beziehen sich inhaltlich aber nicht weiter aufeinander.

Wesentlich aufschlussreicher ist es da schon, wenn man weiß, dass Park Chan-wook  von sich sagt, er habe kein Vergnügen an Filmen, die den Zuschauer zur Entspannung einladen, wenn man diese nötig habe, solle man doch besser einen Wellness-Tag einlegen. Auch, dass er von sich behauptet, regelmäßig nachts im Bett zu liegen und sich in übelsten Peinigungsszenen auszumalen, wie man das Leben eines Menschen aufs Gründlichste ruinieren kann, um danach mit einem Lächeln auf den Lippen einzuschlafen und dies – solange es im Bereich der Fantasie bleibt! – sogar als heilsam empfiehlt, könnte ebenfalls ein Schlüssel zum Verständnis seiner Filme sein. Andererseits muss man wohl nicht unbedingt alles glauben, was Chan-wook Park auf Pressekonferenzen erzählt, so sagte er z. B. auch, zur Rache-Trilogie sei es nur gekommen, weil ihn nach der Premiere von Oldboy die wiederholten Fragen der koreanischen Journalisten, warum er sich einem solch hässlichen Thema gleich zweimal hintereinander gewidmet habe, so provozierten, dass er spontan verkündete, er werde noch einen dritten Teil zum Thema Rache drehen, was eigentlich ganz und gar nicht seine Absicht gewesen sei, vielmehr habe er seine Ankündigung anschließend bereut, es aber dennoch umgesetzt, weil er es nicht mehr zurücknehmen konnte.

Absolut glaubwürdig ist Park Chan-wook hingegen, wenn er sagt: „I have principles and rules. I deal very carefully with acts of violence and make sure that audiences understand how much suffering these acts cause.“

Und wenn man Oldboy gesehen hat, glaubt man ihm auch dies aufs Wort: „Basically, I’m throwing out the question ‘When is such violence justified?’ To get that question to touch the audience physically and directly – that’s what my goal is. In the experience of watching my film, I don’t want the viewer to stop at the mental or the intellectual. I want them to feel my work physically. And because that is one of my goals, the title ‘exploitative’ will probably follow me around for a while.“

(Oldeuboi, Südkorea 2003; Regie: Park Chan-wook.)