Category Archives: Destruktive Energie

The Good, the Bad, the Weird

Comedy, Horror, Drama, gerne auch mal alles zusammen, Wrestling, Vampire, problematische Ehen, Geistergeschichten, Gangster, Serienmörder, Science Fiction und selbst Arnold Schwarzenegger verhalf er zu einem Comeback: in Kurz- wie in Langfilmen hat sich Kim Jee-Woon durch alle nur denkbaren Genres gearbeitet und meistens kam er damit bei Publikum wie Kritik gut an. Was wohl nicht zuletzt auch an den Schauspielern lag, mit denen er immer wieder zusammen arbeitete.

Ganz außerordentlich gut kam A Bittersweet Life an. Sein eigenwilliger visueller Stil wurde gelobt und die rasante Choreographie, während die Geschichte spannend und mit interessanten Wendungen erzählt wird, aber, dem Thema entsprechend, auch voller Gewalt ist: der Film nimmt sein Motto offensichtlich ernst, wobei einige Szenen selbst für dieses Genre ziemlich drastisch ausfallen, was auch dadurch nicht gemildert wird, dass zu Beginn und zum Schluss des Films buddhistische Parabeln erzählt werden.

Auch nicht unbedingt friedfertig mögen zwar die Protagonisten des darauf folgenden Films von Kim Jee-woon sein, aber es geht hier im Ganzen weniger brutal zu, insbesondere in der britischen Version des Films, die um zusätzliche fünf Sekunden wegen real animal cruelty gekürzt wurde. Außerdem wird es nun bunt und turbulent, pathetisch und manchmal auch ein wenig albern, denn diesmal hatte sich Kim Jee-Woon unübersehbar Sergio Leone zum Vorbild genommen, was er, um Missverständnisse gar nicht erst aufkommen zu lassen, gleich im Titel des Films klar macht, der auch im deutschen Verleih auf englisch erschien, und nicht, wie seinerzeit das Vorbild, falsch eingedeutscht wurde.

Und so, wie Sergio Leone damals dem Spaghetti-Western zum endgültigen Durchbruch verhalf, fügt Kim Jee-Woon nun dieser Film-Gattung sein eigenes Sub-Genre hinzu: den Kim-Chee-Western.

(The Good, the Bad, the Weird, Südkorea 2008; Regie: Kim Jee-Woon.)

A Tale of Two Sisters

As much as you hate it, I’m the only one in this world you can call mother, got it?“

Nachdem der Zusammenhang zwischen klassischen Geistergeschichten, vor allem der in Asien sehr beliebten Geschichten von besonders unglücklich zu Tode gekommenen jungen Frauen und den auch in unserer Zeit mitunter recht komplizierten Lebensumständen weiblicher Teenager, schon 1998 von Park Ki-hyeong recht plausibel hergestellt und an einen passenden Ort verlegt wurde, nahm sich Kim Jee-Woon, nach seinem erfrischenden Ausflug in die Berge, mit seinem dritten Film dieses Themas ebenfalls an.

Anders aber als bei Park Ki-hyeong, der mit seiner recht modernen Umsetzung erst den Boom auslöste, der eine vielteilige Serie schuf und die auch in anderer Form oft kopiert wurde, bediente sich Kim Jee-Woon eines in aller Welt schon seit Jahrhunderten sehr beliebten Stereotyps: der bösen Stiefmutter.

Selbstverständlich gibt es zu diesem Thema auch in Korea mindestens ein Volksmärchen, das jedem Kind bekannt ist: Im Falle von A Tale of Two Sisters trägt es den Titel Janghwa Hongryeon jeon, und ist die Geschichte zweier unglücklicher Schwestern, die man in Korea wohl genauso als bekannt voraussetzen darf, wie bei uns Schneewittchen oder Hänsel und Gretel.

Mit der daraus resultierenden Erwartungshaltung wird im Film zwar gelegentlich gespielt, aber auch wenn man die spezielle Böse-Stiefmutter-Variante des zu Grunde liegende Märchens nicht kennt, ist es durchaus möglich, den Film zu verstehen, spätestens, wenn man ihn ein zweites Mal anschaut. Sollte man aber tatsächlich auch nach dem dritten und vierten Mal der Lösung inhaltlich noch immer nicht näher gekommen sein, so hat es sich schon deshalb gelohnt, weil sowohl das Timing, als auch der ganze Stil des Films unbedingt überzeugend wirken.

(A Tale of Two Sisters, Südkorea 2003; Regie: Kim Jee-Woon.)

The Quiet Family

Im selben Jahr, als Park Ki-hyeong den unerbittlichen Horror südkoreanischer Mädchenschulen auslotete, fand ihn Kim Jee-Woon in seinem Debüt-Film an ganz anderer Stelle: in den idyllischen, wenn auch etwas abgelegenen Bergen Südkoreas.

Dorthin verschlägt es eine eigenwillige Familie, deren gut gemeinte Absicht, hier ein Gasthaus für Wanderer zu betreiben, durch ungünstige Umstände wie die Tatsache, dass eine schwer zugängliche Einöde nicht automatisch ein Paradies für Naturfreunde sein muss, vor allem aber das unangemessene Benehmen ihrer nicht eben zahlreich eintreffenden Gäste, ständig durchkreuzt wird.

Die innen wie außen stilgerecht gestaltete Herberge wurde komplett und in original Größe extra für den Film errichtet, und die Schauspieler, unter ihnen Choi Min-sik und Song Kang-ho in relativ frühen Rollen, scheinen vom Ambiente derart mitgerissen worden zu sein, dass sie allesamt und miteinander so souverän wie überzeugend agieren.

Sichtbar weniger Aufwand betrieb wenige Jahre später Takashi Miike, als er sich mit The Happiness of the Katakuris daran machte, dieselbe Geschichte auf seine Weise zu inszenieren. Er, der bekannt dafür ist, den ultimativen Horror ohnehin mühelos an praktisch jeder Stelle finden zu können, verlegte das Ganze nach Japan und machte daraus, nun ja, einen Miike-Film. Aber als Musical mit Tanzeinlagen. Und Karaoke. Und Knetfiguren…

(The Quiet Family, Südkorea 1998; Regie: Kim Jee-Woon & The Happiness of the Katakuris, Japan 2001; Regie: Takashi Miike.)

Whispering Corridors

Zu den altehrwürdigen, überlieferten Künsten Koreas – wie wohl der meisten Kulturen – gehört das Erzählen von Geister-Geschichten. Über die Jahrhunderte hinweg dürften es unzählige gewesen sein, grausame und gruselige, melancholische und traurige und bisweilen sicher auch komische, wobei die meisten wohl in Vergessenheit gerieten, manche aber zu Klassikern wurden und sich bis heute immer wieder aufmerksam gespannter Zuhörerschaft erfreuen.

Auch blieben gewisse Grundstrukturen der Erzählungen gleich, oder kehrten immer wieder – wohl, weil sie so glaubhaft waren – und auch im Zeitalter von Computern, Internet und Mobile Phones gibt es eigentlich keinen Grund, diese schöne Tradition aufzugeben. Vielleicht werden hier und da ein paar Details modernisiert, oder, wie im Falle der beliebten Geschichten von Personen, die unter besonders dramatischen Umständen ums Leben kamen und deshalb immer wieder die Stelle heimsuchen, an der sie den Tod fanden: man passt den Ort des Geschehens einfach der heutigen Zeit an.

Eine besonders geignete Stätte fanden die Macher von Whispering Corridors, dessen Original-Titel 여고괴담, bzw. in Umschrift Yeogogoedam lautet, was übersetzt soviel bedeutet wie Mädchen-Schulen-Gespenster-Geschichte und das Genre damit würdig weiterführt, denn schließlich soll ja in jeder guten (Gespenster-)Geschichte auch stets ein Funken Wahrheit enthalten sein, und bei allem, was man bis heute vom anspruchsvollen südkoreanischen Schulsystem hört, das im Ruf steht, seinen Zöglingen einiges abzuverlangen, herrschen dort nicht unbedingt entspannte paradiesische Zustände.

Ob es andererseits in südkoreanischen (Mädchen-)Schulen tatsächlich so zugeht, wie in Whispering Corridors, der 1998 (und damit im selben Jahr wie im Nachbarland Japan dieser Film) erschien, kann derart pauschal natürlich nicht beantwortet werden, aber dass es durchaus in der Absicht des Regisseurs lag, die gerade erst vollzogene Lockerung der Zensurgesetze in Südkorea zu nutzen, um auch gleich ein wenig Kritik am heimischen Schulsystem unterzubringen, dürfte wohl offensichtlich sein.

(Whispering Corridors, Südkorea 1998; Regie: Park Ki-hyeong.)

Peppermint Candy

Nachdem Park Kwang-su einmal festgestellt hatte, dass sich politische Themen auch im südkoreanischen Kino mitunter erfolgreicher darstellen lassen, wenn man sie nicht in eine Komödie verpackt, sondern auf möglichst direktem Wege vermittelt, blieb er bei dieser Methode, gründete, nachdem die Dreharbeiten zu Berlin Report wohl eher chaotisch verlaufen waren, als erster koreanischer Filmregisseur 1993 seine eigene Produktionsfirma und brachte mit dieser noch im selben Jahr To The Starry Island heraus, zwei Jahre später gefolgt von A Single Spark.

Beides waren politisch engagierte und erfolgreiche Filme, und: beide Filme entstanden nach Drehbüchern von Lee Chang-dong. Dieser wiederum hatte als Autor von Theaterstücken angefangen und entschied sich, nach der Zusammenarbeit mit Park Kwang-su, selbst ins Regiefach zu wechseln. Schon sein erster Film, Green Fish, kam 1997 sowohl beim Publikum, als auch auf Filmfestivals gut an, nicht zuletzt bei jenen, die Preise zu vergeben haben.

Sein zweiter Film in eigener Regie und nach selbst verfasstem Drehbuch, Peppermint Candy, hatte seine Premiere dann 1999 als Eröffnungsfilm auf dem Internationalen Film-Festival in Busan, und so kam es, dass die dortigen Zuschauer sich mit ihrer Festlaune ziemlich bald nach Beginn des Films bei einem Mann wiederfanden, der mit ausgebreiteten Armen auf den Gleisen einer Eisenbahnbrücke steht und dem auf ihn zu rasenden Zug „Ich will zurück!“ entgegen schreit.

Mit diesem Moment beginnend wird chronologisch rückwärts in sieben, insgesamt 20 Jahre umfassenden, Episoden erzählt, wie der Mann an diesen Punkt kam, wobei seine Geschichte eng verknüpft wird mit der Geschichte Südkoreas: der Finanzkrise in den späten 1990ern, der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs davor, der Militärdiktatur und der Niederschlagung der Studentenbewegung.

Damit sich die Geschichte erschließt, muss man mit einiger Konzentration dabei bleiben, denn Peppermint Candy ist kein einfacher Film: manches wird nur angedeutet oder durch wiederkehrende Metaphern – Züge, die titelgebenden Pfefferminz-Bon Bons, eine Photokamera – vermittelt, andere Szenen sind unmissverständlich und teilweise drastisch in ihrer Darstellung von körperlicher Gewalt und emotionaler Grausamkeit. Aber wenn man Filmen zugesteht, dass sie zur Aufarbeitung von gesellschaftlich verdrängten, traumatischen historischen Ereignissen beitragen können, dann ist dies auch ein wichtiger Film.

(Peppermint Candy, Südkorea 1999; Regie: Lee Chang-dong.)

Woman of Fire (82)

My wife’s support has been unflagging over the years, even if, at times, she has seen one of my films and cried ‘What have you done with my money?’“

Wenn auch sein bekanntester Film nicht unter den vom Koreanischen Film Archiv bei youtube zur Verfügung gestellten ist, so finden sich dort immerhin die beiden anderen Teile der Trilogie, denn offensichtlich hat ihn das Thema derart fasziniert, dass Kim Ki-young noch zwei weitere Varianten davon drehte: Woman of Fire von 1971 und Woman of Fire 82, die allerdings beide völlig anders sind, als ihr Vorläufer, und das nicht nur, weil es hier nun sehr bunt, bizarr und psychedelisch wird.

Ebenfalls auf der Kim Ki-young Film-Liste des KoFA ist Yang san Province von 1955, der einzige von acht Filmen, die Kim Ki-young vor The Housemaid gedreht hat, der wenigstens zum größten Teil erhalten ist. Anders als seine nachfolgenden Filme kam er allerdings weder bei Publikum, noch Kritik gut an. Ein viel diskutierter Erfolg hingegen wurde The Sea Knows 1961 in Südkorea, Kim Ki-youngs erster Film nach The Housemaid, den man wohl, auch wenn es hier speziell die japanische Armee ist, die schlecht wegkommt, als einen Film betrachten darf, der sich ganz grundsätzlich gegen Krieg und Militarismus richtet.

Weiterhin finden sich dort Ieoh Island von 1977, der selbst für einen Kim Ki-young-Film drastisch ausfällt, sowie A Woman chasing a Killerbutterfly (1978) und Carnivorous Animal (1985).

Ausreichend Material also, um sich selbst ein Bild davon machen zu können, ob Kim Ki-young zu recht nicht nur in Südkorea Kultstatus genießt, sondern seit Ende der 1990er auch in Japan, den USA, Deutschland und Frankreich mit Retrospektiven auf internationalen Filmfestivals geehrt wurde, und weshalb so viele Regisseure der nachfolgenden Generation in Südkorea ihn als maßgeblichen Einfluss und Vorbild nennen, unter ihnen Park Chan-wook, Bong Joon-ho, Park Ki-hyeong und Kim Ki-duk.

Immerhin soviel dürfte wohl sicher sein, Kim Ki-youngs Filme gehören zu den eigenwilligsten und ausgefallensten Werken des südkoreanischen Kinos, oder, wie es beim Koreanischen Film Archiv zu lesen ist: „Although his movies seem to lack rational and logical reason and though his works cannot be pinned down or easily classified, Kim Ki-young is one of the most significant directors in the history of Korean cinema.“

(Woman of Fire, Südkorea 1971 und Woman of Fire 82, Südkorea 1982; Regie: Kim Ki-young.)

The Housemaid

In den 1950ern und 1960ern war die südkoreanische Filmindustrie überwiegend in Studios organisiert und, wie wir gesehen haben, fleißig damit beschäftigt, die ab 1963 dann auch staatlich vorgegebene Quote koreanischer Filme pro Jahr zu erfüllen. Dies geschah, indem in Akkordarbeit produziert wurde, zum großen Teil entweder Kostümfilme, Familienkomödien bzw. -meldodramen, oder aber, in den 1960er auch sehr beliebt, Filme wie The Barefooted Young, in denen Koreas Jugend, ähnlich wie die amerikanische von James Dean, Coolness lernen konnte und welche Leder- bzw. Jeansjacken dazu unbedingt notwendig waren.

Und dann gab es noch Kim Ki-young. Dieser hatte eigentlich Medizin studiert, war als Zahnarzt tätig gewesen und erst nach Ausbruch des Korea-Krieges über Umwege zum professionellen Filme machen gekommen, wobei er sich von den etablierten Studios weitgehend fern hielt und früh seinen ganz eignen Stil entwickelte, was er sich allerdings auch leisten konnte, da seine Frau Kim Yu-bong, die ebenfalls Zahnärztin war, mit ihrer Praxis für ausreichend Einkommen sorgte.

Aber auch, wenn Kim Ki-young von inhaltlichen wie finanziellen Vorgaben der Studios weitgehend unbelastet seine Filme verwirklichen konnte, so galten die staatlichen Zensurgesetze für ihn natürlich in gleichem Maße. Allerdings wurden auch diese mal mehr oder weniger streng gehandhabt und so muss 1960 ein gutes Jahr für Kim Ki-young gewesen sein, denn entweder waren die Gesetze gerade besonders lasch, oder sie wurden von niemandem ernsthaft kontrolliert, denn anders ist kaum zu erklären, wie The Housemaid es in die Kinos schaffen konnte. – Schon ein Jahr später, nach dem Militärputsch von General Park Chung-hee, wäre dies wohl so nicht mehr möglich gewesen.

Wobei man The Housemaid auf den ersten Blick fast mit einem der sonstigen, damals beliebten südkoreanischen Familienfilme verwechseln könnte, die Darstellerinnen und Darsteller waren zum Beispiel überwiegend viel beschäftigte und bekannte Schauspieler, die man in Südkorea aus zahlreichen, ganz anderen Rollen kannte, immerhin hatten drei von ihnen, Kim Jin-kyu, Joo Jeung-Nyeo und Um Aing-ran gerade erst gemeinsam in diesem Film von Shin Sang-ok sehr überzeugend eine heile Familie gegeben, aber es gelingt Kim Ki-young doch recht schnell, deutlich zu machen, dass seine Interpretation von koreanischem Familienleben, nun ja, eben anders ist.

Während aber Kim Jin-kyu kurze Zeit später wieder mit Filmen wie diesem ins übliche Rollenschema zurück wechselte, ebenso wie Joo Jeung-Nyeo und Um Aing-ran, und Ahn Sung-ki, der hier einen seiner frühen Auftritte hat, zu einem der meist beschäftigten Schauspieler Südkoreas werden sollte, verlief die Karriere von Lee Eun-sim ganz anders: ihre Darstellung hinterließ beim Publikum einen derart nachhaltigen Eindruck, dass sie im Anschluss an diesem Film in keiner anderen Rolle mehr besetzt wurde… (auch nicht in einer der beiden anderen Varianten des Themas, die Kim Ki-young zehn, bzw. 20 Jahre später drehte).

(The Housemaid, Korea 1960; Regie: Kim Ki-young.)

The Flower in Hell

Unter den drei Regisseuren, die auf dem vom Korean Film Archive eingerichteten youtube channel eine eigene Playlist erhalten haben, musste Shin Sang-ok schon deshalb vertreten sein, weil man an der schieren Menge an Filmen, die er als Regisseur und Produzent hinterlassen hat, einfach nicht vorbeikommt. Wobei der bei weitem größte Teil seiner Filme in Südkorea entstand, ein paar wenige allerdings auch in Nordkorea – wenn auch nicht ganz freiwillig.

Geboren wurde er 1926 in Chongjin, das heute zu Nordkorea gehört und sich damals, wie ganz Korea, unter japanischer Herrschaft befand. Sein Studium absolvierte er an der Hochschule der Künste in Tokyo und kehrte anschließend nach Korea zurück, diesmal in den südlichen Teil des Landes, wo er bei der Produktion von Viva Freedom! (1946) mitwirkte, dem ersten Film, der nach Abzug der Japaner in Korea gedreht wurde.

Bald danach eröffnete er ein eigenes Filmstudio und wurde für die nächsten 20 Jahre der fleißigste Filmemacher (Süd-)Koreas. Dabei bediente er nahezu alle Genres, von Historienfilmen, über Familienkomödien und Liebesdramen, bis zu Fantasy-Horror-Filmen, wobei Letztere zwar gerne vorführten, was an Tricktechnik damals in Südkorea möglich war, inhaltlich aber mitunter etwas wirr ausfielen. Überhaupt litt die Qualität der einzelnen Filme bisweilen unter der Menge an Produktionen, dennoch blieben Preise und Ehrungen nicht aus, denn als 1962 zum ersten Mal der koreanische Filmpreis Grand Bell Award verliehen wurde, erhielt Shin Sang-ok nicht nur als erster die Auszeichnung Bester Film für Prince Yeonsan (1961), sondern auch als Bester Regisseur für Mother and a Guest (1961).

Stets mit von der Partie war dabei Choi Eun-hee, eine in Südkorea gefeierte Filmschauspielerin, die bereits in diesem frühen koreanischen Film eine Hauptrolle hatte. Im Privatleben war sie mit Shin Sang-ok verheiratet, leitete gemeinsam mit ihm das Studio und spielte in den meisten seiner Filme eine führende Rolle, wobei sie meist sittsame, leidensfähige und durch und durch gute Frauen gab, ein Stereotyp, aus dem sie nur gelegentlich ausbrach.

Erst in den 1970er Jahren ließ der Erfolg des Studios nach, das Paar trennte sich und Shin Sang-ok bekam zunehmend Probleme mit der Zensurpolitik seines Landes, bis er sich schließlich 1978 mit dem damaligen Militärdiktator Südkoreas, Park Chung-hee, überwarf, was die Schließung seines Studios zur Folge hatte.

Im selben Jahr wurde Choi Eun-hee unter dem Vorwand eines Filmangebotes nach Hong Kong gelockt, wo sie im Auftrag von Kim Jong Il entführt wurde, der mit ihrer Hilfe und der ihres Ex-Gatten, den er wenige Monate später ebenfalls entführen ließ, eine ebenso prosperierende Filmindustrie in Nordkorea aufbauen wollte, wie die beiden sie viele Jahre in Südkorea betrieben hatten.

Ein Plan, der vermutlich besser aufgegangen wäre, hätte man Shin Sang-ok nicht nach einem gescheiterten Fluchtversuch für vier Jahre in ein nordkoreanisches Gefängnislager gesteckt. Nach seiner Freilassung drehte er zwar noch sechs Filme in Nordkorea, wieder mit Choi Eun-hee in den Hauptrollen, aber an der Premiere des letzten – Pulgasari (1985) , einer nordkoreanischen Variante dieses japanischen Films – nahmen sie schon nicht mehr teil, da ihnen vorher in Wien die Flucht gelungen war.

Auch Pulgasari findet sich auf youtube, wenn auch nicht beim Korean Film Archive, wo aber acht andere Filme von Shin Sang-ok zu sehen sind, unter ihnen The Flower in Hell (1958) und Mother and a Guest (1961), beide mit Choi Eun-hee in der Hauptrolle, die hier zwei sehr unterschiedliche Frauenbilder verkörpert.

(The Flower in Hell, Südkorea 1958; Regie: Shin Sang-ok.)

 

And Now for Something Completely Different

Wenn ist das Nurnstuck git und Slotermeyer? Ja! Feierhund das oder die Flipperwaldt gersput!“

Auch wenn das Lesen oder Hören dieser Zeilen gewisse Gesundheitsrisiken birgt, so ist es nun, spätestens nach dem an dieser Stelle bereits gewisse Parallelen zu erkennen waren, an der Zeit, auch Monty Pythons Schaffen zu würdigen.

Dies soll exemplarisch mit „And Now for Something Completely Different“ geschehen, ihrem ersten Kino-Film, der zwischen der ersten und zweiten Staffel ihrer TV-Serie Monty Pythons Flying Circus gedreht wurde, und der eigentlich dazu gedacht war, sie dem amerikanischen Publikum bekannt zu machen. Finanziert und produziert wurde das Ganze vom Playboy Magazin und der einen oder anderen Episode sieht man auch an, dass Monty Python sich der daraus resultierenden Verantwortung durchaus bewusst waren. Vor allem John Cleese scheute sich nicht, sich ganz im Geiste des damals populären Magazins zu präsentieren.

Dennoch war man in den USA zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht reif für diese spezielle Form von Humor, andererseits wurden Film und Fernsehserie in Großbritannien und Deutschland dafür umso freudiger aufgenommen, wo sie rasch zu eben jenen Klassikern avancierten, die sie bis heute sind. Bleibt nur noch, darauf hinzuweisen, dass einige der Sketche des Films ganz offiziell im Monty Python Channel auf youtube zu sehen sind, zum Beispiel hier, oder hier, oder hier, oder hier, oder hier, oder hier… und natürlich auch andere, die ebenfalls (wieder-)sehenswert sind und bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben.

(And Now for Something Completely Different, Großbritannien 1971; Regie: Ian MacNaughton.)

 

The Cat and the Canary

Hier haben wir den Beweis, dass das Grusel-Horror-Geister-Film Genre sein stilgerechtes Medium nicht nur im schwarz/weiß, sondern auch im Stummfilm hat.

Zunächst einmal ist alles vorhanden, was man von dieser Art Film und einem Regisseur, der gerade erst vom deutschen Expressionismus in die USA übergesiedelt war, erwarten darf: ein einsam gelegenes, unheilvolles Haus mit vielen dunklen Schatten, finsteren Ecken und langen düsteren Korridoren (mit wehenden Vorhängen!) und natürlich Treppen, Geheimtüren, -fächer und -gänge und nicht zu vergessen, das überdimensionierte Mobiliar, welches seinerseits wieder schöne, lange, schwarze Schatten wirft und alles zusammen bildet einen effektvollen Kontrast zu den Gesichtern der Menschen, die sich darin bewegen – hell und weiß und meist mit weit aufgerissenen Augen

Überdies spielt die Geschichte natürlich bei Nacht und spätestens hier ist vollkommen klar: in Farbe sähe all dies bei weitem nicht so eindrucksvoll aus (oder schlimmer noch, so albern, wie in der Neuverfilmung von 1978).

Aber auch, dass es sich um einen Stummfilm handelt, ist unbedingt von Vorteil, denn an den Stellen, wo es sinnvoll war, zeigte sich Regisseur Paul Leni ausgesprochen kreativ darin, Ton in Bilder umzusetzen, sei es zum Beispiel beim Schlagen einer Uhr oder auch bei der Gestaltung von Zwischentiteln, die es in ihrer Aussagekraft teilweise durchaus mit Comic-Sprache aufnehmen könnten, während die Tatsache, dass man die ganze Schreierei nur sieht und nicht hört, wiederum recht angenehm ist.

Und wer nun Laune bekommen hat, sich einen Klassiker des Grusel-Genres anzuschauen, kann dies ohne Umstände tun, denn wie so vieles Schöne und Spannende steht auch The Cat and the Canary bei archive.org zu Ansicht und Download bereit. Nur Musik muss man sich selbst dazu auflegen, denn die von Hugo Riesenfeld komponierte ist nicht dabei, aber vielleicht wird man ja hier fündig, oder hier…?

(The Cat and the Canary, USA 1927; Regie: Paul Leni.)