Polizeialltag zum Zweiten: diesmal ist es kein heißer Sommer in Tokyo, sondern wir schreiben das Jahr des Hundes in Beijing und es ist ein kalter, meist grauer Winter, voll mit Routine und Langweile. Aber anders als die japanischen Ermittler im Jahr 1949, die sich noch zu Fuß die Hacken ablaufen müssen, erledigen die chinesischen Polizisten Mitte der 1990er ihren uniformierten Streifendienst immerhin schon per Fahrrad.
Der chinesische Titel dieses Films, 民警故事, bedeutet übersetzt so viel wie ‚Volkspolizei Geschichte(n)‘, was ebenso wie sein englischer Titel, ‚On the Beat‘, unter dem er auf internationalen Festivals lief, und den man ins Deutsche mit ‚Auf Streife‘ übersetzen kann, den Inhalt des Films ganz zutreffend wieder gibt. Entsprechend werden wir gleich zu Beginn ausführlich mit den vielfältigen Pflichten eines Streifen-Polizisten in Beijing vertraut gemacht und natürlich erfüllen diese Staatsbeamten nicht nur gewissenhaft ihre Aufgaben, sondern haben darüber hinaus auch ganz konkrete Vorstellungen, was in China alles so schief läuft und ebenso praktische wie leicht umsetzbare Vorschläge, es besser zu machen („…hier ist ein ehemaliger Fürstenhof, wo sich während der Kulturrevolution eine Tischlerei breit machte. Jetzt steht er unter Denkmalschutz und verwahrlost.“ – „Abreißen und ein Hochhaus hin bauen.“).
Wobei diejenigen, die uns dies vermitteln, sich in der Sache auskennen, denn zwar sind alle Darsteller als Schauspieler Amateure, aber im richtigen Leben echte Polizisten bzw. Bewohner des Bezirks. Was wohl damit zu tun hat, dass Regisseurin Ning Ying zwar gemeinsam mit Zhang Yimou, Chen Kaige und den anderen Filmemachern der sogenannten 5. Generation die Beijing Film Akademie besucht hatte, danach aber nach Italien ging, um am Centro Sperimentale di Cinematografia zu studieren, wo sie den Italienischen Neorealismus und Bernardo Bertolucci kennen lernte. Beiden konnte sie offensichtlich einiges abgewinnen: Letzteren unterstützte sie 1987 als Regieassistentin in China bei den Dreharbeiten zu The Last Emperor, aber während dieser wohl den Monumentalfilmen zugerechnet werden darf, entsprechen ihren eigenen Arbeiten als Regisseurin tatsächlich eher dem Neorealismus.
In diesem Sinne geht es hier nicht um die große Tragödie und es ist auch nichts auf Hochglanz poliert, keine hochbezahlten Star-Schauspieler geben harte Kerle, die sich durch Geschichten von Verrat und Gewalt ballern. Dementsprechend steht auch nicht zu befürchten, dass On the Beat, anders als zum Beispiel dieser Film hier, jemals von Hollywood nachverfilmt und mit Oscars überhäuft wird.
Aber viele kleine Dramen gibt es auch hier – und ausgesprochen einsatzfreudige Verfolgungsjagden.
(On the Beat, China 1995; Regie: Ning Ying.)