„Ich wollte einen ehrlichen Film machen. Ohne jede Lüge. Ich glaubte, ich hätte etwas so Einfaches zu sagen. Ein Film, der für alle irgendwie von Nutzen sein könnte, der helfen könnte, für immer alles zu begraben, was wir an Totem in uns tragen. Dabei bin vor allem ich es, dem der Mut fehlt, irgendetwas zu begraben. Und jetzt weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht und hab diesen Turm am Hals. Wer weiß, wieso das alles so gekommen ist. Wann genau habe ich den falschen Weg eingeschlagen? Ich hab halt einfach nichts zu sagen. Und trotzdem möchte ich etwas sagen.“
Ja, Guido Anselmi (Marcello Mastroianni), der bekannte und bislang erfolgreiche Regisseur, steckt in einer Krise. Sein aktueller Film ist eigentlich schon in der Produktion, die Finanzierung steht jedenfalls und auch ein Teil der Kulisse wurde bereits mit großem Aufwand und Kosten errichtet. Nun wollen die Schauspieler ihre Rollen und Anweisungen, wie sie zu spielen sind, der Produzent den raschen Drehbeginn und -Fortschritt, und die Presse Informationen über Inhalt und Bedeutung des Films, ebenso, wie über die politischen und religiösen Ansichten des Regisseurs. Kurz, alle haben Erwartungen, Fragen und Wünsche an ihn, aber: ihm fällt nichts mehr ein. Gut, vielleicht wäre sein Leben etwas einfacher, wenn er ein bisschen weniger egozentrisch und narzisstisch wäre, und wenn er nicht immer alles auf einmal haben wollte, auch im Privatleben, die Ehefrau, die Geliebte, ja eigentlich alle Frauen, oder auch wieder gar keine, weil sie ja doch alle so anstrengend und fordernd sind. Aber er ist nun mal, wie er ist und auf diese Weise kann er weder seinen Film, noch alles andere in den Griff kriegen.
„Nicht vergessen: dies ist eine Komödie“ soll Federico Fellini sich beim Dreh zur Erinnerung an die Kamera gepinnt haben und ganz offensichtlich hat er darauf gehört, denn immer dann, wenn unser Held, der natürlich auch irgendwie Fellini selbst ist, all zu sehr in seiner Schwermut aufgeht, korrumpiert er ihn mit Szenen von skurriler Komik.
Nach seiner eigenen Zählung (sechs Spielfilme, zwei Kurzfilme und einmal Co-Regie) war dies Fellinis Film Nummer otto e mezzo (achteinhalb), daher der Titel, obwohl der Arbeitstitel „La Bella Confusione“ (Die schöne Verwirrung) auch sehr passend gewesen wäre. Fellini führte aber nicht nur die Regie, sondern er schrieb auch das Drehbuch, und legte dabei auch gleich die denkbar härteste Kritik dem Drehbuchautor selbst in den Mund: „Eins ist mir bei der Lektüre des Drehbuches sofort aufgefallen, der Mangel an jeglicher Problematik, oder, wenn Sie so wollen, an einer philosophischen Grundlage. Das macht den Film zu einer Folge von unzusammenhängenden Episoden. Ich will durchaus nicht bestreiten, dass sie sehr unterhaltsam sein können, in ihrem zweideutigen Realismus, aber, man fragt sich, was wollen sie eigentlich, die Autoren? Wollen sie uns zum Nachdenken anregen, oder wollen sie uns Angst einjagen? Die Story enthüllt von Anfang bis Ende eine solche Armut an dichterischen Einfällen, entschuldigen Sie, aber für mich ist sie einer der eklatantesten und erschütterndsten Beweise dafür, dass der Film im Vergleich zu den anderen Kunstformen um 50 Jahre im Rückstand ist. Das Sujet hat nicht einmal den Wert, der manchmal einen avantgardistischen Film auszeichnet, auch wenn es alle seine sonstigen Schwächen aufweist.“
Dies wäre, wollte man es tatsächlich auf 8 ½ beziehen, natürlich unerhört tiefgestapelt, und könnte nur als reine Koketterie verstanden werden. Noch dazu für einen Film, in den Fellini einfach alles hineingepackt hat, sogar eine Rumba tanzende Saraghina und einen steppenden Matrosen!
(8 ½, Italien 1963; Regie: Federico Fellini.)