„Y así pasan los días, y yo desesperando, y tú, tú, contestando, quizás, quizás, quizás?“
Hong Kong im Jahr 1962. Die nach dem Einmarsch der Kommunisten 1949 aus Shanghai geflüchteten Bewohner der Stadt bilden eine eigene, abgeschottete Gemeinschaft, weitgehend ohne Kontakt zur kantonesischen Bevölkerung Hong Kongs, deren Sprache die meisten von ihnen nicht einmal verstehen. Sie wohnen in eigenen Vierteln, wo sie nach ihren mitgebrachten Regeln und Ritualen leben, ihre Lebensmittel in speziellen Läden kaufen, mit denen sie die Speisen der Küche Shanghais zubereiten, ja, sie haben sogar ihre eigenen Kinos, in denen die Filme in ihrer Sprache, Mandarin gezeigt werden. Der Regisseur Wong Kar-Wei stammt selbst aus diesem Milieu, er war 5 Jahre alt, als seine Eltern seine Geburtsstadt Shanghai verließen und nach Hong Kong gingen und es ist diese Zeit und diese spezielle Gesellschaft, die er in seinem Film detailgetreu wiedererstehen lässt.
Nicht alles ist dabei für europäische Zuschauer verständlich, wie er in einem Interview erzählt, manches habe eben bei der Übersetzung gelitten, andere Details würden spezielle Kenntnisse voraussetzen, so z.B. dass die Küche Shanghais sich immer genau nach den Jahreszeiten richte, und man so im Film an den Speisen erkennen könne, ob es März oder Juni ist. Überhaupt: Speisen. Ganz am Anfang sei es eine Geschichte über Essen in drei Kapiteln, von ca. 30 Minuten Länge gewesen, konzentriert auf ein Restaurant und einen Nudel-Shop. Denn auch, wenn Sprache nicht immer einfach zu übersetzen ist, Speisen und Essgewohnheiten, in die richtigen Bilder gefasst, erschließen sich da schon leichter. Ebenso wie Musik, die auch eine wichtige Rolle spielt. Latino-Musik z.B., sei in den 1960ern in Hong Kong sehr populär gewesen und überall in den Restaurants gespielt worden. Aber auch chinesische Oper und Mandarin-Popsongs hört man im Film, eben alles, was damals beliebt war.
Allein die Dreharbeiten dauerten 15 Monate. Zu lang für Christopher Doyle, den bevorzugten Kameramann von Wong Kar-Wei, der nur an einem Drittel des Films beteiligt war. Die beiden Hauptdarsteller hingegen, Maggie Cheung und Tony Leung Chiu Wai, zur Entstehungszeit des Films eigentlich beide schon vielbeschäftigte Stars, blieben die ganze Zeit dabei. Ungewöhnlich, dass Schauspieler sich soviel Zeit für ein Projekt nehmen und verschiedene Dinge ausprobieren, sagt Wong Kar-Wei. Und ausprobiert wurde wohl viel, denn wie immer gab es bei ihm kein Drehbuch, Geschehen und Stimmung wurden vielmehr gemeinsam entwickelt. Zudem gab es nur wenige Dialoge, die Schauspieler waren also weitgehend auf ihre Körpersprache und Mimik angewiesen. Farben, Formen und Musik, Architektur und Mode, alles sorgfältig ausgewählt und zusammengestellt, tun dabei ihr Übriges.
Auch die Zeit, die sich die Beteiligten für den Film genommen haben, ist spürbar: Das Tempo ist langsam, alles sehr ruhig, sagt Wong Kar-Wei, so wie das musikalische Hauptthema, ein langsamer Walzer, der den ganzen Film bestimmt, und wie die beiden Hauptpersonen, die gewissermaßen auch einen langsamen Walzer miteinander tanzen, immer wieder vor und zurück. Vielleicht seien ihm manche Details schöner geraten, als es die Wirklichkeit war, sagt er. Und wahrscheinlich hat er da recht, denn schön ist dieser Film in jeder Hinsicht, aber das hat Kino ja noch nie geschadet.
(In the Mood for Love, Hong Kong 2000; Regie: Wong Kar-Wei.)