Monthly Archives: February 2013

And Now for Something Completely Different

Wenn ist das Nurnstuck git und Slotermeyer? Ja! Feierhund das oder die Flipperwaldt gersput!“

Auch wenn das Lesen oder Hören dieser Zeilen gewisse Gesundheitsrisiken birgt, so ist es nun, spätestens nach dem an dieser Stelle bereits gewisse Parallelen zu erkennen waren, an der Zeit, auch Monty Pythons Schaffen zu würdigen.

Dies soll exemplarisch mit „And Now for Something Completely Different“ geschehen, ihrem ersten Kino-Film, der zwischen der ersten und zweiten Staffel ihrer TV-Serie Monty Pythons Flying Circus gedreht wurde, und der eigentlich dazu gedacht war, sie dem amerikanischen Publikum bekannt zu machen. Finanziert und produziert wurde das Ganze vom Playboy Magazin und der einen oder anderen Episode sieht man auch an, dass Monty Python sich der daraus resultierenden Verantwortung durchaus bewusst waren. Vor allem John Cleese scheute sich nicht, sich ganz im Geiste des damals populären Magazins zu präsentieren.

Dennoch war man in den USA zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht reif für diese spezielle Form von Humor, andererseits wurden Film und Fernsehserie in Großbritannien und Deutschland dafür umso freudiger aufgenommen, wo sie rasch zu eben jenen Klassikern avancierten, die sie bis heute sind. Bleibt nur noch, darauf hinzuweisen, dass einige der Sketche des Films ganz offiziell im Monty Python Channel auf youtube zu sehen sind, zum Beispiel hier, oder hier, oder hier, oder hier, oder hier, oder hier… und natürlich auch andere, die ebenfalls (wieder-)sehenswert sind und bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben.

(And Now for Something Completely Different, Großbritannien 1971; Regie: Ian MacNaughton.)

 

The Falls

Über Alfred Hitchcocks The Birds ist schon so viel gesagt und geschrieben worden, dass es wohl kaum nötig ist, dem noch mehr hinzuzufügen. Was aber geschah danach? Hier liefert Peter Greenaways Film The Falls einige interessante Ideen.

Ein im Film als VUE (Violent Unknown Event) bezeichnetes Ereignis hat stattgefunden, das viele Tote, aber auch eine ganze Reihe an Überlebenden zurückgelassen hat, von denen letztere infolge dessen auffällige Symptome und Verhaltensweisen entwickeln. Um der Sache auf den Grund zu gehen, wird mit all der Akribie, zu der nur wirkliche Bürokraten fähig sind, ein Verzeichnis aller Überlebenden, ihrer Symptome, ihres Bezugs zum VUE und ihres späteren Werdegangs angelegt. Der Film selbst stellt – als Auszug – die 92 Biographien jener Überlebenden vor, deren Name mit den Buchstaben FALL beginnt…

Es handelt sich hier, nach einigen Kurzfilmen, von denen zwei auch eingebaut wurden, um Peter Greenaways ersten langen (und mit 3 ½ Stunden dann gleich ziemlich langen), Film, von dem er allerdings selbst sagte, es sei ja niemand gezwungen, ihn am Stück zu schauen, vielmehr möge man die Biographien ganz nach eigenem Belieben durchstöbern. Und natürlich ist nicht zu übersehen, dass es eben kein Film von Alfred Hitchcock, sondern einer von Peter Greenaway ist, der herzlich wenig auf Suspense, dafür aber viel auf jene Form von Satire und Humor setzt, die man sonst eher bei Monty Python findet.

Und wer nun wissen möchte, was The Falls mit Theodor W. Adorno, Wittgenstein und Foucault zu tun hat, erfährt dies auf der recht umfangreich angelegten Website zum Film, auf der man auch sämtliche 92 Biographien in Textform findet – allerdings ist der Film selbst mit der Musik von Michael Nyman (und ein wenig Brian Eno) unterlegt, die auf der Website nicht zu hören ist und das macht einen großen Unterschied. Einen sehr großen.

(The Falls, Großbritannien 1980; Regie: Peter Greenaway.)

 

The Cat and the Canary

Hier haben wir den Beweis, dass das Grusel-Horror-Geister-Film Genre sein stilgerechtes Medium nicht nur im schwarz/weiß, sondern auch im Stummfilm hat.

Zunächst einmal ist alles vorhanden, was man von dieser Art Film und einem Regisseur, der gerade erst vom deutschen Expressionismus in die USA übergesiedelt war, erwarten darf: ein einsam gelegenes, unheilvolles Haus mit vielen dunklen Schatten, finsteren Ecken und langen düsteren Korridoren (mit wehenden Vorhängen!) und natürlich Treppen, Geheimtüren, -fächer und -gänge und nicht zu vergessen, das überdimensionierte Mobiliar, welches seinerseits wieder schöne, lange, schwarze Schatten wirft und alles zusammen bildet einen effektvollen Kontrast zu den Gesichtern der Menschen, die sich darin bewegen – hell und weiß und meist mit weit aufgerissenen Augen

Überdies spielt die Geschichte natürlich bei Nacht und spätestens hier ist vollkommen klar: in Farbe sähe all dies bei weitem nicht so eindrucksvoll aus (oder schlimmer noch, so albern, wie in der Neuverfilmung von 1978).

Aber auch, dass es sich um einen Stummfilm handelt, ist unbedingt von Vorteil, denn an den Stellen, wo es sinnvoll war, zeigte sich Regisseur Paul Leni ausgesprochen kreativ darin, Ton in Bilder umzusetzen, sei es zum Beispiel beim Schlagen einer Uhr oder auch bei der Gestaltung von Zwischentiteln, die es in ihrer Aussagekraft teilweise durchaus mit Comic-Sprache aufnehmen könnten, während die Tatsache, dass man die ganze Schreierei nur sieht und nicht hört, wiederum recht angenehm ist.

Und wer nun Laune bekommen hat, sich einen Klassiker des Grusel-Genres anzuschauen, kann dies ohne Umstände tun, denn wie so vieles Schöne und Spannende steht auch The Cat and the Canary bei archive.org zu Ansicht und Download bereit. Nur Musik muss man sich selbst dazu auflegen, denn die von Hugo Riesenfeld komponierte ist nicht dabei, aber vielleicht wird man ja hier fündig, oder hier…?

(The Cat and the Canary, USA 1927; Regie: Paul Leni.)

 

Vredens Dag

Nichts ist so still, wie ein Herz, das aufgehört hat zu schlagen…“

Noch einmal Hexen in schwarz/weiß, aber diesmal völlig anders: Ungefähr 20 Jahre nachdem Benjamin Christensen das Thema ebenso einsatzfreudig wie skurril in Szene gesetzt hatte, drehte Carl Theodor Dreyer seinen Vredens Dag (Tag der Rache oder Day of Wrath).

Christensen und Dreyer stammten beide aus Dänemark, sie kannten sich und hatten bereits 1924 zusammengearbeitet, als Christensen in Dreyers Film Michael die Hauptrolle spielte, aber hier hören die Gemeinsamkeiten dann auch schon auf, denn Carl Theodor Dreyers Filme unterscheiden sich im Allgemeinen, wie auch in diesem speziellen Fall, fundamental von denen Benjamin Christensens.

Und so werden in Dreyers Film weder Folterinstrumente noch schwarze Messen erschöpfend behandelt, niemand fliegt auf Besen zum Blocksberg und kein lüsterner Satan hüpft gut gelaunt durch die Kulissen. Stattdessen basiert das Drehbuch auf dem Theaterstück Anne Pedersdotter von Hans Wiers-Jenssen, der sich wiederum auf einen authentischen und gut dokumentierten Fall von Hexenverbrennung im Jahr 1590 in Bergen bezieht.

Für Dreyer selbst war es der erste Film, den er nach seinem bis heute ungleich berühmteren Vampyr von 1932 verwirklichen konnte – zwischen beiden lagen allerdings 11 Jahre, in denen Dreyer als Kritiker und Journalist arbeitete, da es ihm nicht gelang, ausreichend Geld für weitere Produktionen aufzutreiben.

Ebenso wie Vampyr wurde auch Vredens Dag ein finanzieller Misserfolg und von den zeitgenössischen Kritikern zurückhaltend bis negativ aufgenommen, aber ebenso wie dieser gilt Vredens Dag heute als Meisterwerk, sogar beim Publikum und Amos Vogel ging sogar so weit, über ihn zu schreiben, Stil und erzählerische Mittel Dreyers nähmen hier „…den modernen Film voraus und setzten eine Norm, die selten übertroffen worden ist.“

(Vredens Dag, Dänemark 1943; Regie: Carl Theodor Dreyer.)