Nach den Eindrücken eines italienischen Filmemachers Anfang der 1970er von China, dem Spielfilm eines weiteren italienischen Filmemachers aus den 1980ern und der Doku über das Bild, das Hollywood Jahrzehnte lang von China und seinen Einwohnern verbreitete, wird es nun Zeit, einen Blick auf die Selbstdarstellung der chinesischen Filmindustrie zu werfen. So werden in Hong Kong zum Beispiel seit 1982 die Hong Kong Film Awards verliehen. Die Regeln sind relativ einfach, der Film sollte im Vorjahr in Hong Kong in den Verleih gegangen sein, er darf nicht weniger als eine Stunde dauern und wenn dann noch mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sind, nämlich dass entweder der Regisseur bzw. die Regisseurin in Hong Kong ansässig ist, oder eine der Film-Gesellschaften oder doch wenigstens sechs Mitglieder der Crew, steht der Nominierung grundsätzlich nichts mehr im Wege. Und falls es mit der Ansässigkeit in Hong Kong so gar nicht klappen sollte, gibt es seit 2002 noch die Best Asian Film Kategorie. Ansonsten heißen die Kategorien Bester Film, Beste Regie, Beste Haupt- und Nebendarsteller und -darstellerinnen, weitere Auszeichnungen gibt es unter anderem auch für die Beste Filmproduktion, den Besten Nachwuchs, Drehbuch, Schnitt, Art Direction, Kostüm & Make Up Design, Filmmusik sowie Filmsong und Choreographie, Visual Effects und Sound Design.
Ähnlich wie bei den Academy Awards in Hollywood handelt es sich hier nicht um einen Publikumspreis, sondern professionelle Filmschaffende bestimmen sowohl die Nominierungen, als auch die Gewinner. In dem Jahr, in welchem zum Beispiel Bertolucci gerade an Originalschauplätzen seinen Last Emperor drehte, wurde in Hong Kong dieser Film gefeiert, der zwar in einer ganz anderen Epoche spielt, aber auch davon abgesehen ein völlig anderes Bild von China, wenn auch in diesem Falle speziell Hong Kongs, vermittelt.
Bislang führend in der Kategorie „Häufigste Nominierung ohne Gewinn“ ist übrigens der auch außerhalb von Hong Kong recht bekannte Jackie Chan, der zwischen 1985 und 2005 allein 10 mal als Bester Hauptdarsteller nominiert war, aber diese Auszeichnung kein einziges Mal erhielt (in anderen Kategorien wurden seine Filme aber durchaus in Hong Kong für preiswürdig befunden).
Andere waren da zwar erfolgreicher, aber in dem Maße, wie Bertolucci, der im Jahr 1988 neun Academy Awards in Hollywood abräumte, gelang dies bei den Hong Kong Awards bisher nur ein einziges Mal, als im Jahr 1997 Comrades – Almost a Lovestory ebenfalls mit neun Auszeichnungen bedacht wurde, unter anderen die für den Besten Film, die Beste Regie, das Beste Drehbuch und die Beste Hauptdarstellerin, wobei Letztere in Person von Maggie Cheung ohnehin sowohl die meisten Nominierungen als auch die meisten Auszeichnungen als Beste Hauptdarstellerin bei den Hong Kong Film Awards vorzuweisen hat.
Selbstverständlich vermittelt auch dieser Film ein sehr spezielles Bild von China, beziehungsweise von Hong Kong und seinen Zugezogenen, aber man darf wohl angesichts der vielen Preise annehmen, dass es weitgehend dem entspricht, das sich die in Hong Kong ansässigen Filmemacher in den 1990ern von ihrer Stadt und dem Leben darin machen, oder doch zumindest dem, wie sie im Kino gesehen werden wollten.
(Comrades – Amost a Love Story, Hong Kong 1996; Regie: Peter Chan.)