Zu den altehrwürdigen, überlieferten Künsten Koreas – wie wohl der meisten Kulturen – gehört das Erzählen von Geister-Geschichten. Über die Jahrhunderte hinweg dürften es unzählige gewesen sein, grausame und gruselige, melancholische und traurige und bisweilen sicher auch komische, wobei die meisten wohl in Vergessenheit gerieten, manche aber zu Klassikern wurden und sich bis heute immer wieder aufmerksam gespannter Zuhörerschaft erfreuen.
Auch blieben gewisse Grundstrukturen der Erzählungen gleich, oder kehrten immer wieder – wohl, weil sie so glaubhaft waren – und auch im Zeitalter von Computern, Internet und Mobile Phones gibt es eigentlich keinen Grund, diese schöne Tradition aufzugeben. Vielleicht werden hier und da ein paar Details modernisiert, oder, wie im Falle der beliebten Geschichten von Personen, die unter besonders dramatischen Umständen ums Leben kamen und deshalb immer wieder die Stelle heimsuchen, an der sie den Tod fanden: man passt den Ort des Geschehens einfach der heutigen Zeit an.
Eine besonders geignete Stätte fanden die Macher von Whispering Corridors, dessen Original-Titel 여고괴담, bzw. in Umschrift Yeogogoedam lautet, was übersetzt soviel bedeutet wie Mädchen-Schulen-Gespenster-Geschichte und das Genre damit würdig weiterführt, denn schließlich soll ja in jeder guten (Gespenster-)Geschichte auch stets ein Funken Wahrheit enthalten sein, und bei allem, was man bis heute vom anspruchsvollen südkoreanischen Schulsystem hört, das im Ruf steht, seinen Zöglingen einiges abzuverlangen, herrschen dort nicht unbedingt entspannte paradiesische Zustände.
Ob es andererseits in südkoreanischen (Mädchen-)Schulen tatsächlich so zugeht, wie in Whispering Corridors, der 1998 (und damit im selben Jahr wie im Nachbarland Japan dieser Film) erschien, kann derart pauschal natürlich nicht beantwortet werden, aber dass es durchaus in der Absicht des Regisseurs lag, die gerade erst vollzogene Lockerung der Zensurgesetze in Südkorea zu nutzen, um auch gleich ein wenig Kritik am heimischen Schulsystem unterzubringen, dürfte wohl offensichtlich sein.
(Whispering Corridors, Südkorea 1998; Regie: Park Ki-hyeong.)