… zu deutsch: Das verbrecherische Leben des Archibaldo de la Cruz
Lange bevor es in Hollywood Mode wurde, einen wahnsinnigen Serienkiller nach dem anderen auf das Kino-Publikum loszulassen, jeder natürlich noch brutaler, noch grausamer und noch perverser, als seine Vorgänger, gab es in Mexiko, nun ja, Archibaldo de la Cruz. Ehemals verwöhntes Einzelkind reicher Eltern, nun ein freundlicher, wohlhabender, kreativ tätiger Erwachsener, der, ob in der Bar oder im Spielcasino, stets ein Glas Milch dem Alkohol vorzieht, nie aus der Rolle fällt, immer höflich und charmant bleibt, ein geachtetes Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft zudem, mit gutem Geschmack und besten Manieren, wenn man von seiner ungesunden Vorliebe für Frauenmord, am liebsten in Serie, einmal absieht.
Luis Bunuel wurde im Jahr 1900 in Calanda, Spanien geboren und freundete sich als Student der Universität Madrid mit dem Maler Salvador Dali und dem Schriftsteller Federico Garcia Lorca an. Irgendwann um das Jahr 1923 herum tauschte er die Bibel seiner katholischen Erziehung gegen die Schriften Sigmund Freuds, 1925 ging er nach Paris, wo er mit den französischen Surrealisten in Kontakt kam und 1929 gemeinsam mit Dali Un chien andalou, drehte, in seiner Zeit ein ebenso großer Skandal wie Erfolg und bis heute einer der bekanntesten surrealistischen Filme. Ein Jahr später, 1930, folgte L‘age d‘or, einer der ersten französischen Tonfilme überhaupt, und ebenfalls von den Einen gefeiert und von den Anderen mit Farbbeuteln beworfen.
In den folgenden Jahren ging Bunuel in die USA, wo er Charlie Chaplin kennen lernte, kehrte aber bald wieder nach Spanien zurück und blieb dort bis zum Ausbruch des Spanischen Bügerkrieges im Jahr 1936. Die Jahre des Bürgerkrieges verbrachte er in Frankreich, ab 1939 zog es ihn wieder in die USA. Insgesamt wurde Bunuels Schaffen in dieser Zeit, so er denn überhaupt Filme drehen konnte, wenig von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Erst ab 1946, mit dem Beginn seiner Arbeit im Mexico drehte er wieder Filme, die ein großes Publikum fanden. Allein hier entstanden 20 seiner Werke, denn, auch wenn Bunuel Zeit seines Lebens mit seinem mangelnden Ehrgeiz kokettierte, tatsächlich war er ein sehr fleißiger Filmemacher.
Das verbrecherische Leben des Archibaldo de la Cruz entstand im Jahr 1955, fünf Jahre bevor er nach Spanien zurückkehrte, als einer seiner letzten in Mexico gedrehten Filme und ist ein typischer Bunuel: in freundlichem, leichtem Tonfall, witzig und mit Charme erzählt, aber auch hintergründig, surrealistisch, mit psychoanalytischen Verweisen und verschachtelten Traumsequenzen. Und mit dem Thema ‚Filme über Serienmörder‘ kann man danach getrost abschließen.
(Ensayo de un Crimen, Mexico 1955; Regie: Luis Bunuel.)